Material Nr. 101510
Berechnung des Massendefekts aus „Atommassen“
Eine typische Aufgabe lautet, dass die beim α-Zerfall von Radium 226 frei werdende Energie berechnet werden soll. Eine übliche Lösung sieht wie folgt aus:
Die Masse eines Ra226-Atoms beträgt 226,02540 u,
die Masse eines α-Teilchens wird als Atommasse von He4 zu 4,002603 u angegeben und die Masse des entstehenden Radon-222-Atoms beträgt 222,01757 u.
He4 und Rn222 haben zusammen eine Masse von 226,020173 u,
es besteht also eine Massendifferenz / ein Massendefekt von Δm = 0,005227 u .
Gemäß E = mc2 werden E = 7,81⋅1013 J = 4,87 MeV frei.
Fragen
(1) Warum wird mit Atommassen gerechnet und nicht mit Kernmassen?
(2) Ein α-Teilchen ist kein Helium-Atom, ihm fehlen die Elektronen. Die Ruhemasse von α-Teilchen beträgt 4.0015 u, die von He4-Atomen 4.0026 u
Warum wird trotzdem mit Helium gerechnet?
Antworten
zu (1): Es kommen Atommassen zum Einsatz, weil die mit Massenspektrometern gut auf mehr als 6 Nachkommastellen (in u) bestimmt werden können.
zu (2): Bei Ra226 und Rn222 wurden bei der Atommasse 88 bzw. 86 Elektronen mitgezählt. Auch wenn ein α-Teilchen keine besitzt, so sind die Elektronen doch nicht verschwunden und ihre Ruhemassen entsprechend zu berücksichtigen. Statt eines α-Teilchens und 2 Elektronen wählt man direkt ein Helium-Atom als Berechnungsgrundlage. Die Idee ist also, dass die Anzahl der Elektronen vor und nach dem Zerfall (oder einer anderen Reaktion) gleich ist.
Alles gut also?
Wenn man mit Atom- statt Kernmassen rechnet finden sich auf jeder Seite der Reaktionsgleichung die gleiche Anzahl an Elektronen Die entsprechend gleichen Beträge der Elektronen-Ruhemassen spielen also für die Berechnung des Massendefekts Δm keine Rolle.
Der Massendefekt oder Massenunterschied Δm resultiert aus Trennarbeit / Trennenergie, die nötig ist, um ein Atom in seine Bestandteile zu zerlegen. Das System der zerlegten Atombausteine (n,p,e) hat mehr Energie als das vorherige Atom und gemäß E = mc2 sind acuh die Massen der Systeme unterschiedlich.
Unberücksichtigt bleibt aber in der Regel, dass sich die Trennenergie aus zwei Beträgen zusammensetzt, nämlich einem zum Trennen der Nukleonen – und einem zur Ionisation des Kerns, also zum Entfernen der Elektronen.
Bei der Rechnung mit Atommassen resultiert der Massendefekt Δm aus der Summe der beiden Trennenergien, wird aber allgemein gleichgesetzt mit dem Massendefekt allein infolge der Trennarbeit an den Nukleonen.
Kann die Trennenergie der Elektronen unberücksichtigt bleiben?
Deutlich wird das Auftreten und die Bedeutung des Massendefekts durch Elektronenbindung gut bei Wasserstoff H1. Aufgrund des Vorhandenseins von nur einem Nukleon, entfällt eine Trennenergie der Nukleonen.
Messwerte:
Atommasse Wasserstoff H1 |
1,007 825 0320 u |
Masse eines Protons p |
1,007 276 4668 u |
Masse eines Elektrons |
0,000 548 5799 u |
Massendifferenz / Massendefekt Δme |
0,000 000 0147 u |
Wasserstoff ist also um 0,000 000 0147 u leichter als es Proton und Elektron zusammen sind. Gemäß E = Δme c2 entspricht das einer Energie von 13,7 eV – also (ungefähr) der bekannten Ionisationsenergie von H1
Der Massendefekt Δme infolge der zur Abtrennung des Elektrons aufzubringenden Energie ist mit 0,000 000 0147 u sehr gering im Verhältnis zu den anderen Massen, so dass er – auch bei anderen Atomen – unberücksichtigt bleiben kann und näherungsweise gilt:
mKern = mAtom – Z⋅mElektron
und entsprechend
mKern + Δm = Z⋅mProton + N⋅ mNeutron
Die Daten stammen von wikipedia.de und von hier: http://www.nist.gov/pml/data/comp.cfm
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